Kategorie: Erdwerk/Sperrwerk

Der Teufelsgraben – ein Binnenlimes der Spätantike, der noch heute genutzt wird

Der Teufelsgraben ist ein markantes Bodendenkmal, das sich über das gesamte Leibnitzer Feld erstreckt und in einigen Abschnitten als Wall-Graben-Anlage noch gut erhalten ist. Eine Ausgrabung im Jahr 2005 durch den Verein Kulturpark Hengist und umfangreiche Untersuchungen erbrachten den Nachweis, dass der Graben in der Spätantike zwischen 380 und 430/450 n. Chr. errichtet wurde. Er diente dem Schutz der südlich gelegenen Siedlung Flavia Solva. Als lineares Erdwerk diente der Teufelsgraben noch im Frühmittelalter und in der Neuzeit als Grenzlinie.
Mysterium Teufelsgraben

Jahrhundertelang wusste niemand, wofür der Teufelsgraben einst ausgehoben wurde. Er ist eine 3,9 km lange Wall-Graben-Anlage, die das Leibnitzer Feld im Norden zwischen den beiden Flüssen Laßnitz im Westen und Mur im Osten abschließt. Der Graben führt nahezu waagrecht (282,5–284 m ü. A.) über das Leibnitzer Feld in zwei in einem stumpfen Winkel aneinanderstoßenden, nahezu geradlinigen Streckenabschnitten. Die Anlage besteht aus einem südlichen höheren und einem nördlichen niedrigeren Wall mit einem in der Mitte eingetieften Graben. Als Befestigung ist sie somit gegen Norden orientiert, der zu schützende Bereich liegt im Süden. Heute ist der Teufelsgraben über weite Strecken hinweg durch den Ackerbau eingeebnet oder durch Schottergruben zerstört, früher jedoch besaß er einen Durchlass am Mitterweg, jenem Weg, der das Leibnitzer Feld geradlinig in Nord-Süd-Richtung durchquert und der in seinem Verlauf der römischen Murtalstraße entspricht. Im Abschnitt Bachsdorf/Ost ist der Teufelsgraben auf einer Länge von 430 m zu verfolgen. Dort besitzt die Anlage insgesamt eine Breite von 16 m, eine lichte Weite zwischen den beiden Wallkronen von etwa 6 m und stellenweise eine Tiefe von 1,40 m.

Historische Irrtümer …

Der Teufelsgraben ist in der Forschung seit 150 Jahren bekannt ist und wurde zumeist als Bauwerk des 10. Jahrhunderts betrachtet, dessen Funktion unklar oder umstritten war. Neuere Untersuchungen haben nun den Nachweis erbracht, dass die Errichtung des Grabens in die Spätantike zurückreicht, in die Jahre zwischen 380 und 430/450 n. Chr. Im Zuge einer Grabung 2005 konnten Holzkohleflitter geborgen werden, die eine Radiokarbondatierung ermöglichten. Auch historische Überlegungen sprechen dafür, dass die Errichtung der Anlage nicht, wie bisher angenommen, mit dem Erzbistum Salzburg im 10. Jahrhundert in Verbindung zu bringen ist. Das Gebiet südlich des Teufelsgrabens wurde erst kurz vor 970 n. Chr. durch die gezielte Ansiedlung von Hörigen in Besitz genommen; für die Salzburger lag überhaupt kein Grund vor, ein solches Erdwerk als Grenzmarkierung zu bauen.

… und ihre Korrektur

Während der Spätantike hingegen fügt sich der Teufelsgraben in das bekannte Bild von Sicherungsmaßnahmen und Befestigungswerken für die in ständiger Unruhe lebende romanische Bevölkerung perfekt ein. Es ist die Zeit nach der für Rom vernichtenden Schlacht bei Adrianopel (heute Edirne in der Türkei) im Jahr 378 n. Chr., in deren Folge sich der pannonische Limes sukzessive auflöste und die römischen Provinzen in Pannonien an die Hunnen abgetreten wurden. Damit wurde Binnennorikum, dessen östlichste Stadt Flavia Solva war, zur Grenzprovinz. Es ist zu vermuten, dass der Teufelsgraben zusammen mit einem weiteren spätantiken Bauwerk, dem Alten Turm (turris antiqua) im Schloss Seggau, in erster Linie der Überwachung des nördlich angrenzenden Gebietes sowie der Kontrolle von Migrationsbewegungen diente, also einen Binnenlimes darstellte. Im frühen 5. Jahrhundert wurden die Überwachung von barbarischen Foederaten und die Integration romanischer Flüchtlinge aus Pannonien zu zentralen Aufgaben der Stabilisierung dieser Region. Darüber hinaus sicherte ein Erdwerk wie der Teufelsgraben möglicherweise die landwirtschaftliche Produktion und Subsistenz der Zivilbevölkerung zu einer Zeit (ab dem ausgehenden 4. Jh.), als die Versorgung durch Villen im Umland bereits zum Erliegen gekommen war.

Der Teufelsgraben in späteren Jahrhunderten

Die spätantike Anlage blieb als markantes Geländemerkmal bestehen und wurde im 10. Jahrhundert erneut als nördliche Grenze genutzt, diesmal für die frühmittelalterliche Nachfolgesiedlung von Flavia Solva, die civitas Zuip. Als Graben (fossa) wird das Bauwerk erstmals im Jahre 982 n. Chr. in einer Urkunde von Kaiser Otto II. genannt, in der die Grenzen der civitas Zuip festgelegt wurden und das Erzbistum Salzburg als Besitzer des Territoriums bestätigt wurde.
Der Teufelsgraben, dessen ursprüngliche Funktion im Lauf der Jahrhunderte in Vergessenheit geriet, wurde innerhalb des flachen Leibnitzer Feldes bis in die Neuzeit als Grenzlinie zwischen politisch-administrativen Gebieten genutzt. So trennte er im Mittelalter die habsburgischen und salzburgischen Hoheitsgebiete voneinander, später die Landgerichte von Oberwildon und Seckau (Seggau). Das heute noch erhaltene Landgerichtskreuz aus dem 17. Jahrhundert, aufgestellt im Bereich des Durchganges am Mitterweg, markiert diese Grenzziehung. Es trägt auf der Nordseite das Wappen der Fürsten von Eggenberg auf Oberwildon, auf der Südseite jenes der Grafen von Thun, der Fürstbischöfe von Seckau. Beide Wappen sind fast bis zur Unkenntlichkeit verwittert. Und noch heute bildet der Teufelsgraben die Gemeindegrenze zwischen Lang/Tillmitsch und Lebring/Gralla.

Text: Mag. Dr. Stephan Karl

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