An vielen Kirchen, an manchen Privathäusern, aber auch in Museen, befinden sich die steinernen Zeugnisse der römischen Vergangenheit der Steiermark. Diese sogenannten Römersteine enthalten nicht nur Text, sondern oft auch Bilder, etwa Szenen aus antiken Sagen oder Portraits.
Gerade in der Steiermark besitzt die Beschäftigung mit Römersteinen eine sehr lange Tradition. Kaiser Maximilian I hatte bereits 1506 Inschriftsteine aus Flavia Solva und Celeia (Celje) nach Graz bringen lassen, um sie für alle sichtbar an der Grazer Burg anbringen zu lassen.
Auch die wissenschaftliche Erforschung der Römersteine ist eine steirische Tradition, seit in den 1940ern Erna Diez mit der Sammlung sämtlicher Römersteine nach kunsthistorischen Gesichtspunkten begann. Diese Tradition ist seither fest an der Universität Graz und dem Universalmuseum Joanneum verankert.
Unter den Inschriftsteinen sind neben den Weihinschriften und den sehr häufigen Grabinschriften vor allem auch die Meilensteine und die Ehreninschriften für römische Kaiser bemerkenswert, da sie uns die Verbindungen und Kontakte innerhalb des römischen Kaiserreiches vor Augen führen.
So stiftete der Statthalter von Binnennoricum um 330 nach Christus dem Kaiser Konstantin (306–337) eine Ehreninschrift, deren Anlass wir heute nicht mehr kennen (Abb. 1). Meilensteine dienten Reisenden als Orientierung, sie geben jeweils die Entfernung zum nächsten Ziel an. Heute helfen sie uns, römische Straßenverläufe nachzuvollziehen, so etwa die beiden Meilensteine vom Kugelstein, die 40 römische Meilen muraufwärts von Flavia Solva gefunden wurden und so der Beleg für eine römische Straße durch das Murtal sind.
Weiheinschriften wurden häufig auf altarförmigen Steinen angebracht und in jenen Heiligtümern aufgestellt, von deren Gottheit ein Wunsch erfüllt worden war. Aurelius Celsinus hatte offenbar Iupiter Uxlemitanus, einer Gottheit mit vorrömischen Wurzeln, einen Weihealtar für die glückliche Heimkehr seines Sohnes aus dem Militärdienst versprochen. Nach dessen Rückkehr löste er das Gelübde mit einem Weihealtar (Abb. 2).
Die weitaus größte Menge unter den Römersteinen der Steiermark nehmen mit fast 80 % die Überreste von Grabdenkmälern ein. Dazu zählen neben den zahlreichen Grabinschriften auch Teile von Gebäuden, die ähnlich Kapellen am Wegesrand standen, und Portraits von Verstorbenen. Diese Portraits sind eine besonders wichtige Quelle für die Römerzeit in der Steiermark, da sich die Verstorbenen in besonderer Kleidung selbst darstellen ließen, oder mit Gegenständen, die sie in den Händen halten, Hinweise auf Berufe oder persönliche Vorlieben gaben. In letzter Zeit wurde auch darüber nachgedacht, ob Gesten eine besondere Bedeutung haben könnten. Eines der bekanntesten Beispiele für die Grabportraits ist das Medaillon eines Schreibers aus Flavia Solva, der sich mit Schreibtäfelchen und Stilus darstellen ließ (Abb. 3).
Da in der Steiermark in der Römerzeit keine Truppen stationiert waren, sind Römersteine von Militärangehörigen besonders interessant. Die Mehrheit stammt von Veteranen, die in Legionen im benachbarten Pannonien gedient hatten. Ein Centurio, dessen Namen wir nicht kennen, ließ sich mit allen Ehrenzeichen seines Standes portraitieren (Abb. 4).
Aus den in den Inschriften genannten Namen lassen sich verschiedene Informationen ablesen: Zum einen finden sich neben typisch römischen dreiteiligen Namen nach dem Muster „Gaius Iulius Caesar“ auch romanisierte vorrömische und sogar griechische Namen, zum anderen drückt sich durch die Namen auch der Stand aus. Neben römischen Bürgern und Sklaven – auch diese verfügten in seltenen Fällen über die Mittel, Grabdenkmäler errichten zu lassen – gab es auch freie Bewohner ohne Bürgerrecht.
Eine Sonderstellung nimmt das Reskript vom 14. Oktober 205 nach Christus, das wahrscheinlich an den Statthalter der Provinz Noricum gerichtet war, ein. Der Kaiser Septimius Severus (193–211) bestätigt darin die Privilegien der Mitglieder, genannt werden 93 Personen in sieben Spalten, des collegium centonariorum. Die sogenannte Feuerwehrinschrift wurde 1915 bei Ausgrabungen des Universalmuseums Joanneum gefunden.
Text: Mag.a Dr.in Barbara Porod