Standort: Seggauberg 1, 8430 Leibnitz
Das Bischöfliche Mensalgut Seggauberg entging zwar einer Beschlagnahmung durch das NS-Regime, bekam aber den Auftrag, als Saatgutvermehrungsstelle zu dienen. Mit Fortschreiten des Krieges wurde ein Großteil der einheimischen Mitarbeiter zum Kriegsdienst eingezogen und Seggau suchte um Zuteilung von „Fremdarbeitern“ an. Ab 1942 waren hier 34 „Ostarbeiter“ eingesetzt, die laut Zeitzeugen gut behandelt wurden.
Anders als andere steirische Klöster und Stifte entging das Bischöfliche Mensalgut Seggauberg des Fürstbischofs Ferdinand Pawlikowski den vom NS-Regime verfügten Beschlagnahmungen und Aufhebungen. Allerdings dachte das Regimes dem Gutsbetrieb die Funktion einer Saatgutvermehrungsstelle zu, um so in den allgemeinen „nationalsozialistischen Wirtschaftskampf“ integriert zu werden.
Auf dem 860 Hektar großen Gutsbetrieb waren 1940 70 ständige Arbeitskräfte, 25 Taglöhner sowie in den Sommermonaten auch Winzerfamilien beschäftigt, zusammen also über 100 Arbeitskräfte. Durch fortgesetzte Einrückungen von „Gefolgschaftsmitgliedern“ zur Deutschen Wehrmacht wurden Ostarbeiter, Kriegsgefangene bzw. ausländische Arbeitskräfte für die Arbeit im Gutsbetrieb eingestellt.
Im Sommer 1940 arbeiteten acht kriegsgefangene Franzosen am Seggauberg. Die Zahl der eingerückten Gefolgschaftsmitglieder betrug im Jahr 1942 36 Personen, 1943 waren es 40 und Mitte 1944 bereits 50. Nachdem der Gutsverwalter im April 1942 beim Arbeitsamt Leibnitz polnische Arbeitskräfte angefordert hatte, waren in der Folge insgesamt 34 Ostarbeiter am Bischöflichen Mensalgut beschäftigt. 24 Arbeitskräfte sind namentlich bekannt, von diesen waren 20 männlich, vier weiblich. Zwei Arbeiter ließen sich nachweislich freiwillig in Krakau anwerben. Während ein Arbeiter bereits kurz nach Dienstantritt floh und auch für die Gendarmerie unauffindbar war, blieb der andere Arbeiter bis April 1945 im Gutsbetrieb tätig. Die Dauer der Beschäftigung der Arbeitskräfte variierte von lediglich einem Monat bis zu drei Jahren. Sie wohnten im ersten Stock des Schloßgebäudes und wurden gemäß ihrer Verwendung als in der Landwirtschaft tätige „Dienstboten“ entlohnt. Der Gutsverwalter des Gutsbetriebes sah in den zugewiesenen ausländischen Arbeitskräften nur einen ungenügenden Ersatz für die eingerückten Gefolgschaftsmitglieder, sodass er in mehreren Schreiben beim Wehrmeldeamt Leibnitz um Rückstellung derselben bat. Vom Kriegsgefangenenlager Kaindorf an der Sulm wurden auch kriegsgefangene Franzosen und später Briten zum Arbeitseinsatz zugewiesen.
Im Zuge der Entschädigungsverhandlungen seitens der österreichischen Regierung 2000 bezüglich der NS-Zwangsarbeiter zahlte Diözesanbischof Johann Weber in den eingerichteten Fonds freiwillig 700.000 Schilling ein, welcher Betrag jenen 34 Personen, die am Mensalgut beschäftigt gewesen waren, sowie weiteren fünf Personen zugutekommen sollte.
Literatur: Norbert Müller, Der Einsatz von NS-Zwangsarbeitern am Bischöflichen Mensalgut auf Schloß Seggau bei Leibnitz, in: Mitteilungen des Steiermärkischen Landesarchivs 50/51 (2001), 367–376.
Text: Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung