Kategorie: 1. und 2. Weltkrieg

Schloss Schwanberg

Standort: Gressenberg 5, 8541 Bad Schwanberg

Dutzende Patientinnen und Patienten wurden vom „Pflegeanstalt für Geisteskranke des Reichsgaues Steiermark in Schwanberg“ in Schwanberg über die Grazer „Heil- und Pflegeanstalt Am Feldhof“, das heutige LKH Graz II Standort Süd, in die Tötungsanstalt Hartheim gebracht und dort ermordet. Derzeit ist das Schloss nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Jahr 2021 erwarb der Immobilienprojektentwickler IMMOVATE das Schloss. Die zukünftige Planung sieht eine moderne Nutzung vor.

1891 verkaufte Fürst Alfred von und zu Liechtenstein das Schloss mit einem Grundanteil um 50.000 Gulden dem Herzogtum Steiermark. Zunächst plante man im Schloss ein Lehrerheim einzurichten. Die Landschaft entschloss sich jedoch im Schloss eine „Landes-Irren-Siechen-Anstalt“ für „200 unheilbare Irre“ unterzubringen, die als Außenstelle des Grazer „Feldhofs“ geführt werden sollte.

Das Schloss wurde für Zwecke eines Pflegeheims umgebaut und bereits kurze Zeit nach dem Erwerb durch das Herzogtum eröffnet. 1934 hatte das Pflegeheim folgende Belegschaft: Ein Oberpfleger, 12 Pfleger, zwei Knechte, ein Schuster, fünf Pflegerinnen, sieben Küchengehilfinnen, zwei Wirtschafterinnen und zehn Barmherzige Schwestern. Die Anstalt Schwanberg hatte eine eigenständige Verwaltung, war also von der Verwaltung des „Feldhofs“ unabhängig; der „Feldhof“ verfügte allerdings über die ärztliche Oberaufsicht in Schwanberg. Obwohl es durch diesen Umstand und mehrfach belegten Einzel- und Sammelverlegungen eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Anstalten gab, waren die Schwanberger Patientinnen und Patienten keine Patientinnen und Patienten des „Feldhofs“. Mit 1. August 1939 verfügte die nunmehr „Pflegeanstalt für Geisteskranke des Reichsgaues Steiermark in Schwanberg“ genannte Anstalt über 222 Betten. Die Anstalt in Schwanberg bzw. deren Patientinnen und Patienten wurden in das staatlich gelenkte Mordprogramm der Nationalsozialisten „T4“ einbezogen.

Am 14. oder 15. Februar 1941 ging ein Transport mit Patientinnen und Patienten aus Schwanberg ab, am 16. oder 17. Februar ein zweiter. Die beiden Transporte umfassten mindestens 144 Personen und wurden nach einem Kurzaufenthalt im „Feldhof“, das „quasi als Zwischenlager“ fungierte, nach Schloss Hartheim gebracht, wo die Schwanberger Patientinnen und Patienten in einer Gaskammer mittels Kohlenmonoxid ermordet wurden. Die „Pflegeanstalt für Geisteskranke“ Schwanberg wurde nach dieser Aktion wieder mit Patientinnen und Patienten belegt: Im März 1941 brachte man 39 Personen aus dem „Feldhof“ nach Schwanberg, im April 1941 kamen in zwei Transporten 74 Personen an und zwischen November 1941 und Februar 1942 noch mindestens 50 weitere Patientinnen und Patienten, sodass wieder annähernd jener Stand erreicht war, den die Anstalt Schwanberg vor den „T4“-Transporten gehabt hatte. Die letzten sieben Personen aus Schwanberg wurden allerdings erst am 9. Juni 1941 zusammen mit weiteren Patientinnen und Patienten des „Feldhofs“ nach Schloss Hartheim zur Vernichtung transportiert.

Die Anstalt Schwanberg wurde nach 1945 als „Landespflegeheim für Geisteskranke Schwanberg“ weitergeführt. Mit 1. Juli 2015 wurde das Pflegeheim geschlossen, derzeit ist das Schloss nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Jahr 2021 erwarb der Immobilienprojektentwickler IMMOVATE das Schloss. Die zukünftige Planung sieht eine moderne Nutzung vor.

Literatur: Brigitte Kepplinger/Gerhart Marckhgott/Hartmut Reese, Tötungsanstalt Hartheim. (= Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus; 3). 2Linz 2008. Thomas Oelschläger/Rainer Danzinger/Udo Benzenhöfer, Die Ermordung psychiatrischer Patienten aus der Steiermark in der NS-Zeit. Linz 2015. Gerhard Fischer, Schwanberg, Band 1. Aus Schwanbergs politischer und wirtschaftlicher Vergangenheit. Schwanberg 2015, 397–407. Birgit Poier, „Euthanasie“ in der Steiermark. Nationalsozialistische Gesundheits- und Sozialpolitik gegen Behinderte und psychisch Kranke am Beispiel der Grazer Anstalt „Feldhof“. phil. DA. Graz 2000.

Text: Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung

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