Das Münzkabinett des Universalmuseums Joanneum in Schloss Eggenberg erzählt einprägsame Münzgeschichten aus der Steiermark – vom Panthertaler der Münzstätte Graz bis zum Wuschelkopf-Typen der Kelten, von der Goldmünze aus Flavia Solva, die zu einem Schmuckstück umgearbeitet wurde, bis zum Renaissance-Medaillenkleinod Erzherzog Karls II. von Innerösterreich.
Die Präsentation arbeitet die Schwerpunkte des Sammlungsbestands heraus und lässt sich von ihrem Standort inspirieren. Die Bühne für das neue Münzkabinett bilden zwei Räume im ältesten Teil von Schloss Eggenberg, dem im 15. Jahrhundert angelegten Vorgängerbau der fürstlichen Residenz.
Der Raum „Balthasar Eggenberger“
Der Ausstellungsraum „Balthasar Eggenberger“ – benannt nach seinem Erbauer, dem reichsten Grazer Bürger des ausgehenden Mittelalters – gibt Einblick in das Leben dieses Finanztycoons aus dem Zeitalter des Frühkapitalismus, der den Grundstein zum steilen Aufstieg des Hauses Eggenberg legte. Ausgehend von der Person des Balthasar Eggenberger und seiner Tätigkeit als Münzmeister Kaiser Friedrichs III. werden die Auswirkungen und Hintergründe einer verheerenden Geldkrise geschildert, die in der zweiten Hälfte der 1450er-Jahre die Menschen in den österreichischen und süddeutschen Ländern heimsuchte und in der das umlaufende Geld täglich weniger wert wurde, bis man nichts mehr dafür kaufen konnte.
Der Raum „Hans Ulrich von Eggenberg“
Hans Ulrich von Eggenberg, Urenkel Balthasars und erster Minister Kaiser Ferdinands II., war derjenige Eggenberger, unter dem ab 1625 mit dem Bau der fürstlichen Residenz begonnen wurde. Dieser außergewöhnliche und hochgebildete Mann, dem in wenigen Jahrzehnten der Aufstieg zu einem der einflussreichsten Fürsten des Heiligen Römischen Reiches gelang, bestimmt die Atmosphäre des zweiten Raums.
Zentrales Element des Raums „Hans Ulrich“ ist eine große Tischvitrine. In dieser raumbeherrschenden Vitrine können die Besucherinnen und Besucher mithilfe von computergestützten Lupen Detailinformationen zu einzelnen Münzen abfragen und interaktiv die in den Ausstellungsstücken gespeicherten Informationen auf Bildschirmen entschlüsseln, die mit den Lupen verbunden sind. Die Zentralvitrine wird von zwei aus Holz gearbeiteten Pantherfiguren geschmückt, die im 18. Jh. geschaffen wurden und symbolhaft den Steiermarkbezug der in der Zentralvitrine ausgestellten Münzen zum Ausdruck bringen. Die Münzen der Zentralvitrine geben einen Überblick über das steirische Münzwesen und den Münzumlauf der Steiermark von der Antike bis in das ausgehende 18. Jahrhundert. Ausgesuchte und größtenteils vorzüglich erhaltene Stücke aus der Münzstätte Graz zeigen die Leistungen dieser Prägestätte, in der von etwa 1215 bis zu ihrer Schließung unter Maria Theresia Münzgeld für den täglichen Zahlungsverkehr, seit dem 16. Jh. aber auch Repräsentativprägungen für den Landesfürsten hergestellt wurden. Die bedeutendsten Münzschätze der Steiermark dokumentieren ihre Zugehörigkeit zu einem überregionalen und internationalen Wirtschaftsraum und werden entsprechend ihrem Fundcharakter und ihrer Zusammensetzung gewürdigt.
Die einzelnen Münzensembles und –reihen sind in der Zentralvitrine nach chronologischen, typologischen und ikonografischen Kriterien angeordnet. Der Münzumlauf der Steiermark wird nicht nur anhand von ausgesuchten Einzelfunden, sondern auch mithilfe von Schatzfunden dargestellt, weil deren Zusammensetzung unter Berücksichtigung der ihnen zu Grund liegenden Gesetzmäßigkeiten im Fundniederschlag die Tendenzen im Münzumlauf auf synchroner Ebene widerspiegelt und sich in ihnen die einzelnen Epochen der steirischen Münzgeschichte beispielhaft manifestieren.
Mit der abschließenden Darstellung Hans Ulrichs von Eggenberg und der Präsentation seiner Münzen und Medaillen nimmt das Münzkabinett in einer Ringkomposition die im ersten Raum begonnene Geschichte der Eggenberger wieder auf und schafft eine narrative Klammer, die von Balthasar Eggenberger zu seinem Urenkel Hans Ulrich von Eggenberg reicht.
Gefasster Aureus des römischen Kaisers Gordianus III. aus Flavia Solva
Zu den Höhepunkten des Münzkabinetts zählt ein gefasster Aureus des römischen Kaisers Gordianus III. aus Flavia Solva, der 1877 vom Joanneum um 16 Gulden vom Uhrmacher Anton Hergg aus Leibnitz für seine Münzensammlung erworben wurde. Gefunden wurde das kostbare Stück „auf dem Acker des Trattenbauern“ in Wagna. Die sehr seltene Goldmünze wurde bereits in der Antike zu einem Schmuckstück umgearbeitet und als solches getragen.
Auf der Vorderseite der Münze ist, umgeben von der Legende „IMP(erator) GORDIANVS PIVS FEL(ix) AVG(ustus) – Kaiser Gordianus, der fromme und glückliche Mehrer des Reiches“, das jugendliche Porträt des Herrschers wiedergegeben. Der Titelzusatz Pius Felix wurde zwar bereits von Commodus (reg. 180-192 n. Chr.) eingeführt, war aber im 3. Jh. n. Chr. noch nicht zu einer rein konventionellen Wortverbindung geworden. Das Attribut Pius hängt vielleicht mit der Erinnerung zusammen, die Gordianus III. den 238 n. Chr. ermordeten Kaisern Gordianus I. und Gordianus II. entgegenbrachte. Den Beinamen Felix nahm Gordianus III. nach der glücklichen Niederschlagung eines Aufstands in Nordafrika an.
Die Rückseite schmückt eine Darstellung des Sonnengottes Sol, der die Rechte zum Gruß erhoben hat und in der Linken seine Attribute Globus und Peitsche hält. Die Umschrift „AETERNITATI AVG(usti) – der Ewigkeit des Mehrers des Reiches“ schreibt dem Kaiser eine Eigenschaft des Sonnengottes zu, der in der in der antiken Vorstellungswelt für die Ewigkeit stand.
01. April bis 31. Oktober
Di.-So. u. Feiertage, 10 – 17 Uhr
01. November bis 31. März geschlossen
bis 22. Dezember jedoch im Rahmen einer Führung und nach Voranmeldung zugänglich.
Kontakt:
Eggenberger Allee 90, A-8020 Graz
T: +43 316 8017 9560, muenzkabinett@museum-joanneum.at
www.museum-joanneum.at/muenzkabinett
Text: Mag. Karl Peitler