Das im Ersten Weltkrieg errichtete Militärlager Lebring ist fast spurlos verschwunden. Der zum Lager gehörige Soldatenfriedhof auf dem Gebiet der Nachbargemeinde Lang jedoch ist als Ort des Gedenkens an die hier verstorbenen Soldaten und Kriegsgefangenen ein bedeutendes Mahnmal der steirischen Zeitgeschichte.
Das Militärlager Lebring
Außerdem waren auf der rund 75 Hektar großen, eingezäunten Lagerfläche bis zu 15.000 k. u. k. Soldaten unterschiedlicher Nationalitäten einquartiert, dazu ein Bergarbeiterkader sowie rund 1.000 einheimische Facharbeiter. Die Lagerspitäler umfassten 2.000 Betten für verwundete und infizierte Soldaten und Gefangene.
Das Lager diente auch als dislozierte Ausbildungsstätte für die bosnisch-herzegowinischen Einheiten der k. u. k. Armee, unter ihnen die in Graz stationierten Soldaten des Infanterieregiments 2 („Zweier-Bosniaken“), die im Rufe besonderer Tapferkeit und Loyalität zum Kaiser standen. Allerdings requirierten diese Männer in den Dörfern in der Umgebung des Lagers oftmals eigenmächtig Lebensmittel, was Ausgangssperren zur Folge hatte. Berichte über die schlechte Versorgungslage im Lager, über gewalttätige Übergriffe des Wachpersonals und Seuchen drangen 1916 bis ins Parlament nach Wien. Eine behördliche Überprüfung der Zustände blieb jedoch folgenlos.
In den turbulenten letzten Kriegswochen im November 1918 löste sich die k. u. k. Armee nach und nach auf. Das Lager Lebring wurde zunächst von den bosnisch-herzegowinischen Soldaten geplündert, später von der örtlichen Bevölkerung. Über den Bahnhof Lebring der Südbahn traten sowohl die ehemaligen bosnischen Soldaten als auch die russischen Kriegsgefangenen die Rückreise in ihre Heimat an. Eine Wachmannschaft aus 35 Militärpolizisten und zehn Reitern der Volkswehr hielt danach die Stellung im Lager; im Februar 1919 wurde es dem Land Steiermark übergeben. Nach dem Verkauf sämtlicher Heeresmaterialien und der Abtragung der Baracken „ist von dem großartig angelegt gewesenen Lager nichts mehr sichtbar“, wie der Kommandant des Gendarmeriepostens Wildon schrieb. Auf dem ehemaligen Lagergelände befinden sich heute Siedlungen, Industrieanlagen, Straßen und landwirtschaftliche Grundstücke.
Der Soldatenfriedhof in Lang
Die offizielle Erinnerungstafel am Friedhofeingang nennt heute insgesamt 1.670 Gräber, die sich auf 1.233 Soldaten der k. u. k. Armee (darunter 805 Bosniaken) sowie auf 437 italienische, rumänische, russische und serbische Kriegsgefangene verteilen. Mehrere Denkmäler unterschiedlicher Nationalitäten erinnern an die hier beigesetzten Soldaten und Kriegsgefangenen. Beeindruckend sind die in dichten Reihen aufgestellten Kreuze für die Christen sowie die mit geschnitztem Fes, der charakteristischen Kopfbedeckung, überhöhten Grabzeichen der muslimischen Bosniaken. Nach dem „Islamgesetz“ des Jahres 1912 waren die Muslime in der Habsburgermonarchie als Religionsgemeinschaft anerkannt, hatten religiöse Selbstbestimmung und wurden innerhalb der k. u. k. Armee von Imamen seelsorglich betreut.
Am Soldatenfriedhof fand auch Johann Matella (1874–1962), der die Anlage und die Gräber jahrzehntelang aufopfernd pflegte, seine letzte Ruhestätte.
Alljährlich am letzten Oktobersonntag findet eine Gedenkfeier am Friedhof statt, an der Vertreter der Behörden, des Bundesheeres, der Rotarier, der Exekutive, des Schwarzen Kreuzes und anderer Organisationen teilnehmen.
Im Gedenk- und Erinnerungsjahr 2014 gestaltete der Kulturpark Hengist am Gelände des Soldatenfriedhofes eine aus zehn Schautafeln (Entwurf: Andreas Karl) bestehende permanente Ausstellung rund um die Geschichte des Militärlagers und des Soldatenfriedhofs im Ersten Weltkrieg sowie die europäischen Friedensprojekte des 20. Jahrhunderts.
Text: Mag. Dr. Gernot P. Obersteiner, MAS