Kategorie: Rechtsgeschichtliche Denkmäler

Das Landgerichtskreuz in Lebring-St. Margarethen

Von der Bevölkerung mitunter als „Pestkreuze“ bezeichnet, haben sich vereinzelt immer noch bildstockartige Säulen in der Landschaft der Region Hengist erhalten. Ihre eigentliche Bedeutung ist im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit geraten, und doch handelt es sich bei ihnen – zumeist – um Denkmäler an der Grenze zwischen unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen regionaler oder lokaler Gerichtsbarkeit.

Die hohe Gerichtsbarkeit über Leben und Tod war ursprünglich ein Exklusivrecht des Königs, der dieses jedoch bald an die Grafen und Markgrafen delegierte. Deren Amtsbezirke, auch auf dem Gebiet der nachmaligen Steiermark, wurden somit zu eigenen Rechtsbezirken. Im Zuge der Landeswerdung der Steiermark im 12. Jahrhundert entstand aus der Summe der zum Land gehörigen Grundherren und ihrer Besitzungen ein einheitliches Rechtsgebiet.

Aus den Grafschaftsgerichten gingen im Hochmittelalter die territorial ausgedehnten Landgerichte hervor, von denen sich bis ins 17. Jahrhundert zahlreiche weitere Sondergerichtssprengel abspalteten und mit Grundherrschaften verbunden wurden. In die Zuständigkeit der Landgerichte fielen die todeswürdigen „Malefizverbrechen“ wie Raub, Mord, Totschlag, Abtreibung und Kindesmord, Notzucht, schwerer Diebstahl, Zauberei, Sodomie und gleichgeschlechtliche Liebe, Brandstiftung, Majestätsbeleidigung, Gotteslästerung, Münzfälschung, aber auch notorische Grenzverletzungen. Ein festgenommener Verbrecher musste von der ergreifenden Instanz (Dorf-, Markt- oder Stadtrichter oder Grundherr) innerhalb von drei Tagen, nur mit einem Gürtel bekleidet, dem vorab verständigten Landrichter übergeben werden – an bestimmten und festgesetzten Punkten wie Brücken, Grenzbäumen oder Bildstöcken. Erschien der Landrichter nicht zur vereinbarten Stunde, musste der Verbrecher freigelassen werden. Das Urteil fällte bei privilegierten Landgerichten der jeweils befugte Kriminalrichter, bei nichtprivilegierten Landgerichten der angeforderte Bannrichter. Vollstreckt wurde das Urteil entweder am örtlichen Galgen oder mit dem Schwert auf einem öffentlichen Platz.

Im Westen und Süden der ehemaligen Kärntner Mark dominierten die alten Landgerichte Wildon, Graz (Eggenberg) und St. Georgen (an der Stiefing), doch wurden auch sie zunehmend durch Burgfriede und andere Landgerichte „durchlöchert“. Die Grenze zwischen den Landgerichten Wildon und St. Georgen befand sich beim dritten Joch der Wildoner Murbrücke. Im Jahre 1458 erhielt auch der Erzbischof von Salzburg vom Landesfürsten rund um das Schloss Seggau und den Markt Leibnitz einen kleinen Landgerichtsbezirk verliehen; dieser reichte im Norden bis an den „Teufelsgraben“ (an der Grenze der heutigen Gemeinden Lebring-St. Margarethen und Lang bzw. Gralla und Tillmitsch) und wurde mit einem mächtigen Bildstock, dem heute noch inmitten von Schottergruben erhaltenen Landgerichtskreuz, markiert.

Text: Mag. Dr. Gernot P. Obersteiner, MAS

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